Letzter Segeltörn 2016 - Verkauf der "Amanita"

Unsere Gedanken und Diskussionen kreisen um das eine Thema: Weiter segeln oder altersgerecht auf ein Motorboot umsteigen und..... grundsätzlich auf dem Boot leben oder halbjährig auf einem kleineren Boot unterwegs sein? Klar ist die Tour rund um die Ostsee für uns nicht zu toppen und..... Haus - Wohnmobil - Auto - Schiff langfristig weiter zu unterhalten, das hat keine Zukunft, das ist zu aufwendig.

Ein paar Mal waren wir in Holland unterwegs, Schiffe gucken, oder haben das Internet nach passenden Angeboten durchforscht.  Unsere Lösung wird das Motorboot sein. Auch lässt sich die BAVARIA von 2003 jetzt noch gut verkaufen.

Es gibt also keinen zweiten Segeltörn in das Schwedische Segelparadies. 

Unsere Segelyacht wird technisch durchgetestet, verkaufsfein geputzt und mit den entsprechenden Daten und Bildern ins Internet gestellt.

In der dritten Juliwoche legen wir mit Jürgens Familie noch einmal ab, Heimathafen Neuhof in  Richtung Strelersund und Rügen. Der letzte Törn, wie sich bald heraus stellen wird.

Sonntagssegeln, Himmel und Wasser ist blau, das Spiel von Wind und Segel war Freude pur. Wir gleiten durch den Strelersund und laufen die Marina Gustow an. Ein Naturhafen an der Süd-Küste Rügens, idyllisch gelegen. Nichts erinnert mehr an den Militärhafen zu DDR-Zeiten. Die letzte Anlegemöglichkeit an der Pier ist schwierig, wir müssen verholen. 

Heute gibt es abends "Wildes Grillen", Wildschwein am Spieß und dazu Livemusik. Mitten im Seglervolk finden wir  Platz, der Magen knurrt, und es riecht so gut. Der Braten ist köstlich, aber es ist ein viel zu kleines Schwein für den Ansturm der Gäste.  In der Abendstimmung spielt Jürgen Gitarre, seine Tochter singt mit ihrer sooo schönen Stimme.

Wir machen in Neuendorf / Hiddensee fest. Als ich nach WLAN frage, meint der Hafenmeister: "Ich dachte, Sie wollen segeln". Die Menschen ticken hier anders. Die Zeit auf der Insel war Lachen-Sonne-Singen-Glücksgefühle-Essen und Wein, das war der Nenner. Der Zähler aber war der Anruf eines Interessenten für unsere Segelyacht. Am kommenden Sonntag ist er da und will kaufen, das wühlt uns auf.

 

Nicht nur in jedem Anfang, auch Hiddensee wohnt ein Zauber inne. Der Text von Hesse ist zugeschnitten auf einen Neuanfang und makellos schön formuliert. Für Hiddensee trifft der Zauber zu. Nicht zum ersten Mal verspüre ich ein Hochgefühl, hier zu sein, das den Alltag verdrängt. Ein Daseinsgefühl bis in die Zehenspitzen, so schön ist es hier. Wir gehen an Land, eine leichte Brise und die Abendsonne laden ein auf Strand. Aber......der Verkauf der Amanita mischt sich real dazwischen, wie schrecklich und welche Freude. Wir können uns für keines von beiden Gefühlen entscheiden.

Am 23. Juli segeln wir zurück nach Neuhof.  Die Familie von Jürgen fährt am nächsten Tag zurück, und wir geben der Segelyacht einen letzten Schliff, kein Stäubchen mehr an Ort und Stelle. Mit der Zahnbürste war ich in allen Ecken, damit es so aussieht, wie wir es gerne hätten.

 

Eine junge Familie mit einem siebenjährigen Zwillingspaar aus Meschede im Sauerland sind die möglichen neuen Eigner. Ihr überzeugendes Interesse und zähe Verhandlungen zum Kaufpreis prägen den Sonntag. Der Mann ist Makler und spielt die geschäftlichen,  Spielregeln in allen Tonarten durch. Wir entscheiden uns für Moll. Dann zieht der Käufer sich mit seiner Frau wegen interner, harter Verhandlungen auf den Spielplatz zurück. Wir wissen um den guten Preis und halten Linie. Also, die Frau ist zunächst widerspenstig, aber sie fügt sich letztendlich, und wir verkaufen das Schiff zu einem vernünftigen Preis.

Wir sind traurig und die Trennung von der Amanita fällt uns schwer.  Wehmut erfasst mich, wenn ich hier schreibe. Mehr Trauer als beim Verkauf des Hauses bewegt mich, warum ?

Am 31. Juli 2016 hat das Segelschiff den Besitzer gewechselt. Es heißt jetzt Siesta und ist unterwegs nach Dänemark. 

Nach dem leicht strapaziösen Tag fahren wir nach Wiek, ein denkmalgeschütztes altes Fischerdorf mit Reed gedeckten kleinen Fischerhäusern. Hier fließt die Ryk in den Greifswalder Bodden. Im direkt am Bodden gelegenen Hotel-Restaurant Utkiek (Aussicht) kehren wir ein, genießen die gute Küche und lassen den ereignisreichen Tag bei einem Glas Wein ausklingen.