Maastricht (Niederlande) – Liege / Lüttich (Belgien)

Mitte August 2017 sind wir gestartet, unsere erste Reise auf unserer „PAPAGENA“, unterwegs auf unbekannten Wasserstraßen und mit der Vorfreude im Gepäck, was uns erwartet.

Auf der Maas fahren wir weiter bis Maastricht, eine der ältesten Städte Hollands. Ein enger, landschaftlich  schöner Kanal und die Schleuse mit mittelalterlicher Technik war die Einfahrt in den historischen Binnenhafen „`t Bassin“. Die Durchfahrt, eine Generalprobe, meint Jürgen, viel enger kann es in Frankreich nicht werden. Im „Bassin“ anzulegen, war eine gute Entscheidung, samt Hafenmeisterin, Ambiente und die Nähe zur Stadt. 

Das Hafenbecken wird gesäumt von Weinlokalen, Fisch-Restaurants und feinsten Eet-Cafe`s. Hier haben wir beim Glas Wein und mit Blick auf unsere PAPAGENA manchen Tag ausklingen lassen.

Im 16. Jh. entstand in Maastricht die Festung Sint Peter mit einem Netzwerk an  Gängen und Stollen, die Kasematten. Acht Jahre Hände-Arbeit haben ein 200 km langes Labyrinth an Gängen entstehen lassen, 80 km sind davon noch erhalten. In den Stollen hörten die Soldaten, wo der Feind sich befand und griffen an.

Wir hatten Glück mit Cindy. Mit schauspielerischem Talent und Anekdoten hat Sie uns Maastricht von unten gezeigt, uns die Dunkelheit fühlen lassen. Hand-in-Hand an der Wand entlang gehen, ohne Lichtquelle. Dunkelheit und Stille, eine intensive Empfindung, die mich auf meine eigene Lebendigkeit reduziert hat, ein starkes Gefühl.

Bei der Restaurierung der Kasematten haben die Architekten an die Fledermäuse gedacht, überall sind Schlitze im Gestein, wo sie zu tausenden überwintern können.

Angeblich ist Napoleon mit der Geschichte von hier unten vergrault worden, dass in den Gängen der Festung Dinosaurier im Verborgenen leben. Wandzeichnungen stellen diese Urtiere da. Aber das ist echt eine Geschichte.

Maastricht ist eine Wohlfühlstadt. Die Stadtväter haben mit individuellen Verordnungen, gutem Tourismusmanagement und viel Sinn für das holländische Altstadtbild ein Zentrum geschaffen, atmosphärisch dicht, wie meine Kinder  sagen. Schiefe Fassaden, die Bepflanzungen selbst der kleinsten Plätze, die typischen Giebelhäuser und die Anordnung, das nicht umgebaut oder in die Höhe gebaut werden darf. Reklameschilder, nein danke. Dazu die vielen schönen Frauen in außergewöhnlichem und farbenfrohen Outfit. Die  Mischung unterschiedlicher Kulturen empfinde ich als angenehm und unterstreicht den Charme der Stadt. Einladend ist die Bestuhlung der Restaurants und Cafes, nur Korbgeflecht Auch eine regionale Verordnung. Das alles vermittelt Geborgenheit, so wünschen es die Stadtväter. Naja, und einkaufen macht hier einfach Spaß. Ich habe meine LieblingsSonnenBrille gefunden, 280,- Euro, wir kommen ja wieder. Und Maastricht ist die Geburtsstadt von Andre` Rieu.

In der Dominikanerkirche hat eine Buchhandlung Platz gefunden, wunderbar, eine gelungene Einrichtung in diesem alten Gemäuer. Hier kann man erst mal bleiben. Der Eingang ist ein riesiges Buch, das zu geklappt wird, wenn abends die Tore schließen, toll.

 

Neben vielen kulturellen highlights ist die Liebfrauenkirche aus dem 12. Jh.  einen Besuch wert. Die Alabasterfenster sehen aus wie aus Milchglas. Das Material ähnelt Marmor, weiß und matt glänzend haben sie etwas mystisch/schönes. Angeblich sind sie aus hauchdünnem Marmor gefertigt worden? „Basilika of holy spirit“, trifft eher zu.

22 km die Maas/Meuse flussaufwärts erreichen wir Lüttich / Belgien. Der Stadthafen im Centrum ist einladend und, wie sich zeigt, vom gesamten Know-How her ein 4-Sterne Freizeithafen. „Der Springer“ in der Hafeneinfahrt ist eine der vielen Figuren/Skulpturen in Lüttich. 

 

Unter dem Motto „Lüttich, eine Stadt, ein Lebensgefühl“ gibt es Infobroschüren zu dem tollen Angebot an Kunst und Kultur, Architektur und Gaumenfreuden. Doch der Eindruck beim ersten Rundgang durch die Altstadt war ernüchternd. Die bemerkenswerten Kirchen, Museen, Prachtbauten und Denkmäler sind durchweg Trumpfkarten und einzeln betrachtet beleuchten sie exzellent die Geschichte der Stadt.

Doch das Terrain dazwischen ist auffällig abgenutzt, ungepflegt, verfallen. Gemeint ist nicht der leicht verschlissene und doch charmante Anschein der Bohème.   

Ich war auf jeden Fall geschockt. Um auf andere Gedanken zu kommen, entscheiden wir uns für den 374 Stufen hohen Montagne de Bueren. Mitten in der Altstadt geht`s die Treppen rauf auf die Zitadelle. Witzig hergerichtete, auch prächtige Häuser aus dem 19. Jh. und die Einladung in eins der schönen Häuser gibt dem Weg nach oben einen besonderen Reiz. Wir waren überrascht, auf diesem schwer zugänglichen Grundstück einen so schön angelegten Garten zu finden. In dem feinen Salon des Hauses hat man uns zu einem Glas Wasser „eingeladen“, einfach so.

Auf dem Weg nach unten liegt rechts die Brasserie „C“ mit besonderem Bierangebot aus der eigenen Brauerei. Wir sitzen zwischen altem Gemäuer im liebevoll bepflanzten Innenhof und freuen uns, dass wir oben waren. Die Treppe ist übrigens ein städtebauliches Kunstwerk der Stadt aus dem 19. Jh. und gehörte früher zum Trainingsprogramm der Söldner, wenn sie runter in die Stadt wollten, und schnell wieder rauf in den Kasernen.

Im 18. Jh. gaben die vielen Fremdarbeiter aus Italien Liege den Namen „Palermo an der Maas“. Auch durch den hohen Anteil der Zuwanderer ist das entsprechende Flair  geblieben und passt zu Georges Simenon`s Worten, „Eine Stadt wie ein Flohmarkt“. Er ist hier geboren, weltbekannter Krimiautor, der heute noch, in Bronze gegossen, natürlich mit Pfeife, auf der Bancs Publics sitzt, „Nehmen Sie bitte Platz.“

Cathedrale St.-Paul De Liege
Cathedrale St.-Paul De Liege

Von den vielen prächtigen Gebäuden ist die Cathedrale St-Paul De Liege eine Besonderheit. Im 13. Jh. wurde sie im gotischen Stil wieder aufgebaut. Ausgestattet mit Kostbarkeiten lohnt sich eine Extraführung plus Schatzkammer. Klassisch-schön ist der formvollendete, makellose Leichnam Christi von Jean Del Cour aus dem 17. Jh., ein Lütticher Genie seiner Zeit. Die Ausdruckskraft der Skulptur erzählt von Liebe, Leidenschaft und Sinnlichkeit des Künstlers, die er hier in Marmor verewigt hat, das berührt meine Seele.

Gesicht oder Fratze - auf jeden Fall ausdrucksstark
Gesicht oder Fratze - auf jeden Fall ausdrucksstark

Der Fürstbischöfliche Palast, 16 Jh. war etwas Besonderes. Die Kapitelle der 60 Säulen im Innenhof sind allesamt mit unter-schiedlichen Masken, Fratzen, Gesichtern verziert, „zeugen von den humanistischen Denkweisen der Renaissance und erzählen von der Entdeckung der Neuen Welt“.  Ein interessantes Thema, mit dem ich mich noch nicht beschäftigt hatte. Lüttichs König-liches Opernhaus wurde 3 Jahre mit hohem Aufwand umge-baut. Anbau, Akustik, Modernste Technik, dazu ein Ticket für „Rigoletto“ zum Beispiel, Krönung einer Fahrt nach Lüttich.

Auf unserem Streifzug durch die Altstadt standen wir vor einer La Chocolateria, edel und einladend. Die kleinen Köstlichkeiten wurden so dekorativ serviert, dass ich es schade fand, abzubeißen. Aber die Lust auf den Genuss war grösser. Als Bonbon gab es einen kleinen Frosch aus schwarzer Schokolade, daumennagelgroß und handmade.

Mandibule En Roue Libre, eine Empfehlung und es ist schön, hier zu sein.

Genau diese Streifzüge durch unbekannte Städte, Kunst, Kultur, Natur und der Nachhall dieser Eindrücke sind das Herzstück unserer Entscheidung, auf dem Schiff durch Europa zu reisen.

 

Für die vielen Sehenswürdigkeiten auf dieser Tour brauchen wir Zeit, die wir uns nicht genommen haben. Im März/April 2018 kehren wir zurück.

Hier geht es zur Galerie:  Maastricht

                                         Lüttich