Seit vier Wochen fahren wir bereits auf französischen Kanälen und erst heute, Freitag, 25. Mai sind wir wieder online. Jedenfalls hat das Internet(z) in Frankreich zu große Löcher
Die Strecke über Maastricht – Port Plaisance – Schiffshebewerk Thieu und Mons kennen wir von unserer Tour 2017. In diesem Jahr haben uns unterwegs völlig andere Themen beschäftigt. Über welche Kanäle erreichen wir Strasbourg. Die "Meuse" in Frankreich ist im ersten Abschnitt nicht befahrbar, der "Canal-Aisne-Marne" ermöglicht vor Reims bis Ende Mai keine Durchfahrt.
Wir entscheiden uns für die Kanäle bis Paris und von dort weiter quer durch Nordfrankreich, um Strasbourg zu erreichen: Escaut – Canal-lateral-Oise – Oise – Seine – Marne – Canal-lateral-Marne – Canal de la Marne au Rhin bis Strasbourg.
Da wir überraschend Paris ansteuern, möchten wir uns für einen Kurztrip 3 Tage Zeit nehmen. Und ja, die Freude auf Paris ist größer als der Verdruss über den riesigen Umweg.
Die Passage des "Schiffshebewerks Thieu" war wieder ein Erlebnis, diesmal hat uns die rechte Wanne, von Charleroi kommend, 73 m nach unten befördert. Vittorio aus Malaga , den wir in Mons kennen gelernt hatten, lag mit seinem 9-Meter-Segler hinter uns.
In seiner Vorstellung brauchte er eine extrem lange Leine , um mit fieren zu können, der Hub in dem Hebewerk betrug ja 73 Meter. Er hatte nicht realisiert, das die Wanne sich mit seinem Segelboot 73 m senkt. Mit seinem ausgelassenen Temperament und seinen Gebärden hat er uns alles erzählt, wir haben so viel gelacht, samt Schleusenmeister, köstlich. Und wenn wir mit unserer Papagena 2020/2021 in Malaga sind, werden wir uns sehen, sind wir zu einem großen Essen bei ihm zu Hause eingeladen.
Er hatte keine Karten von Frankreich, fuhr mit Handyinformationen, und fragte nach einigen Details zur Strecke. Wir sind für die Navigation mit Karten, Buch und Plotter bestens ausgestattet.
Bevor wir in die "Escaut" einfahren, musste noch ein Sonnen/Regenschutz für den Steuerstand angefertigt werden. In Teamarbeit ist ein weißes Cape entstanden, genäht von Cita und mit Druckknöpfen ausgestattet und am Rahmen befestigt von Jürgen. Die Konstruktion war seine Idee, die sich bewährt hat, ein Handgeklapper für den Skipper. Wir müssen auf 3.50 Meter Gesamthöhe reduzieren, das ist die minimale Höhe der Brücken in Frankreich. Sonne pur, kein Problem, wir sind bestens ausgestattet.
Schon in Mons haben wir eine dänische Familie kennen gelernt, die 4 Monate auf ihrer Bavaria 32, die „Tullen“, mit drei Kindern an Bord unterwegs sind. Es ist in Dänemark möglich, die Kinder 2 Monate aus der Schule zu nehmen, allerdings unterrichtet der Papa die Mädels 2 Stunden am Tag. Zur Freude Aller treffen wir uns immer wieder, tauschen Bilder aus, helfen uns und Puschel hat neue Freunde gefunden. Eine lebensfrohe Begegnung. Am Rhein-Marne-Kanal trennen sich unsere Wege, sie fahren den Kanal "Champagne/Bourgogne" runter nach Südfrankreich, an das Mittelmeer.
Der 5,5 km lange Tunnel „Riqueval“ im Kanal "St. Quentin" war ein Ereignis, gepaart mit etwas Nervenkitzel. Nur 2x am Tag kann man ihn passieren bzw. besteht die Möglichkeit, durch den Tunnel geschleppt zu werden. Für 27,- Euro, jeweils morgens und abends von Belgien und von Frankreich aus. Das Servicepersonal gibt klare Anweisungen in Form von Zeichensprache. Große Schiff vorne, die Kleinen am Schluss. Mit je 25 Meter Leinen verbunden starten wir. Die Hände weg vom Ruder, so durchfährt man den Tunnel problemlos.
Bitte in Frankreich nicht viel fragen nach dem „Wann?“ oder nach Details. Die "Schulter-heben-und-senken-Antwort" ist obligatorisch. Alles ist bestens organisiert. Die Uhr tickt hier anders. Muße und Gelassenheit sind weitere Merkmale der französischen Seele.
Vielleicht war es die hohe Nutzung des Bugstrahlruders in den vielen Schleusen, jedenfalls ist es seit dem Tunnel "Riqueval" defekt. Antrieb und die beiden Motoren arbeiten, vielleicht ist der Propeller abgefallen? Das Schiff muss aus dem Wasser, zumindest mit dem Bug. War das der schrecklichste Tag an Bord? Wollte eine Freundin wissen. Natürlich nicht. Jürgen meint, um das Schiff gut zu manövrieren, bietet die fehlende Unterstützung des Bugstrahlruders Fahrpraxis erster Güte.
Und ja, ohne Bugstrahlruder, das verlangt Umsicht, Fingerspitzengefühl und bringt mehr Sicherheit am Steuer. In großen Schleusen gab es allerdings schwierige Ausweichmanöver mit der Berufsschifffahrt. Eine Herausforderung und ein konsequenter Lernprozess, der unterm Strich gefällt.
Der kleine Ort "L`lsle-Adam" an der Oise, ca. 25 km vor der Einfahrt in die Seine, war etwas Besonderes. Warum, das wollten wir herausfinden. Die Nähe zu Paris und die landschaftlich schöne Gegend verschaffte der Stadt Ansehen. Auf Einladung des Bürgermeisters weilte Honore‘ de Balzac hier und nannte den Ort „Paradies auf Erden“. Sein Werk „Physiologie der Ehe“ ist hier entstanden. Vincent van Gogh soll in Lsle-Adam gestorben und begraben sein, aber das stimmt nicht. Schade, hätte uns gefallen. Er starb in "Auvers sur Oise" und ist auch dort begraben.
Es gibt auf der Fahrt nach Paris immer wieder schöne Anlegemöglichkeiten, teils mit Wasser und Strom. Die wenigen Häfen verlangen eine gute Tourenplanung, wenn man nicht nachts fahren möchte und selten gibt es Diesel/Benzin, das heißt, wenn möglich, immer bunkern. Internet ist eine Rarität. Unsere Glomex Antenne funktioniert. Zehn GB haben wir im Monat zur Verfügung, die wir im Mai unbedacht verschwendet haben. Auch Päckchen verschicken ist ein Akt und kostspielig.
Die dazu gehörende Galerie ist nur mit Bildern bis Port Chauny belegt. Auch hier im Text gibt es eine Bilderlücke. Die schönen Fotos sind mit dem Diebstahl meines Smartphones in Paris ins Nirwana entschwunden.