Katwijk - Leiden - Leidschendam
Voorburg Den Haag - Scheveningen - Delft
Samstag, 15. Juni, über den „Oude Rijn“ – „Korte Vlietkanaal“ und „Rijn-Schiekanaal“ fahren wir Richtung Den Haag. Die Fahrt durch so typisch schöne Orte wie Leiden und Leidschendamm bringt uns auf die Idee, nicht Den Haag anzusteuern. Nach 16 Brücken und 4 Stunden Fahrt bei 28 km Strecke machen wir fest in Voorburg, am Stadtrand von Den Haag. Einer dieser gemütlich/freundlichen Orte, die sich auf die Fahne geschrieben haben, „Herzlich Willkommen“. Hier ist kein Hafen, aber ein schöner Anleger. Mit dem Rad nur 8 km bis Den Haag und 12 km bis Scheveningen, dazu das richtige Wetter.
Den Haag ist eine beliebte Wohnstatt, das Meer und Bad Scheveningen liegen vor der Haustür. Die Stadt hat eine außergewöhnliche Historie und ist Residenzstadt. Regierung, das Königshaus, der Europäische Gerichtshof und das Parlament sind hier angesiedelt. Die traditionelle Hauptstadt ist Amsterdam. Für viele Ausländer ist das echt verwirrend, welche Stadt ist jetzt was? Die Diskussionen – Hauptstadt oder nicht – wurden erst nach 168 Jahren beendet. Die Entscheidung fiel 1983, Amsterdam ist das Zentrum, die Hauptstadt, die Metropole der Niederlande.
Seit 400 Jahren residiert das Königshaus "Oranien" in Den Haag, das hat die Stadt geprägt. Es duftet nach Eleganz, Wohlstand und Luxus, wohnhaft in herrlichen Häusern und Palästen, in exquisiten Geschäften und erlesenen Restaurants. Die Aristokratie hat die Stadt geprägt. Es gibt ein „Hof-Kwartier“, das Viertel, in dem das Königshaus schoppen geht. Geschäfte, wo „Königin/König“ einkaufen, schmücken sich mit einem Wappen, „Koninklijke Beschikking – Hofleverancier“ (Königlicher Beschicker – Hoflieferant) und in der Einkaufszone hängen "Kronen", getarnt als Straßenleuchten.
Im Stadthaus ist eine Garage, in der Unmengen von Fahrräder geparkt werden können, toll. Jürgens „Pfau-tec“ Dreirad hatte im Tiefgeschoss leichte Platzprobleme. Wir mussten das Wachpersonal überzeugen, das der Transport eines Dreirads in eine Tiefgarage ohne Aufzug Kraft und Einfallsreichtum abverlangt – und, es hat geklappt, geht doch.
Wusstet ihr, dass in Utrecht ein futuristisch-hochmodernes Fahrradparkhaus gebaut wurde, für 12.000 Fahrräder. Davon können wir Deutsch-Europäer nur träumen.
Die Stadt umgibt ein Grachtengürtel. Auf unserer Tour durch die königlichen Binnengewässer sehen wir Den Haag aus einer anderen Perspektive - stimmt. Vom Wasser aus ist das Blickfeld auf die historischen Gebäude echt eingeschränkt. Dafür erleben wir aus dieser Per- spektive eine romantisch schöne Tour durch Wohnge- biete, Parks mit alte Brücken. Oft heißt es, nicht nur den Kopf einziehen, sondern abtauchen in die Horizontale, so flach sind teilweise die Brückentunnel, die wir passieren. Blauer Himmel, die Menschen sitzen in Cafe`s und feiern Lebensfreude. Auf ausgemusterten Kähnen ist Partytime. Eine schöne Stimmung, die überschwappt.
Das Heftchen mit Bildern und Texten auf Deutsch führt uns durch das historische Den Haag. Der Stadtrundgang bietet viel und intensive Geschichte. Momentaufnahmen, die uns zur Stunde begeistern. In den Gebäuden um den "Binnenhof" spielt die Politische Musik von Den Haag. Der Unterschied zum Regierungsviertel in Berlin kann größer nicht sein, "Historie" und "Kunst am Bau" sind eben zwei Welten. Der "Plein" (Platz) mit Übergang zum Binnenhof war früher der Gemüsegarten des gräflichen Schlosses, heute bietet er eine herrliche Komposition von Cafe`s und Restaurants der Extraklasse. Der "Hofvijver" - Hofteich - mit den angrenzenden prunkvollen Gebäuden ist auf unserem Stadtrundgang der interessanteste Teil
Erst 1948 haben die Oranier auf das Mitspracherecht in der Politik verzichtet.
Den Haag hat uns gefallen. In Bildern bleibt die Stadt für uns in Erinnerung, wir nehmen sie mit an Bord.
Am nächsten Tag fahren wir bei Superwetter mit den Rädern raus nach "Scheveningen".
Erreichen auf Höhe der Seebrücke den Strand – und sind schockiert. Augen zu und schnell weg, denken wir. Angeblich „Ein einmaliges Erlebnis“, diese „Eat, Drink and Play-Mall“, die weit ins Watt rein reicht, für uns nicht. Der Spaziergang am Strand entlang hebt die Stimmung. Touristisch und kommerziell gestylt, ja, und schön gemacht. Hier kommt Urlaubsstimmung auf, wer es mag. Es heißt, Scheveningen ist das beliebteste Seebad der BeNeLux-Länder. Das imposante „Kurhaus“ steht unter Denkmalschutz. Im 18. Jh. wurde hier noch in Wannen gebadet, gefüllt mit Wasser aus der Nordsee. Und das bei dem großen Pool vor der Haustür.
Entlang der Flaniermeile erreichen wir eine weitläufige Terrasse, die mit originellen Figuren ausgestattet ist. Und In den Dünen verborgen, oder besser gesagt, vergraben, liegt das Museum „Beelden aan Zee“ - (Skulpturen am Meer). Bedauerlicherweise heute geschlossen, schade. Das Thema des Museums: "Moderne und zeitgenössische Skulpturen" von nationalen und internationalen Künstlern.
Die Skulpturen auf der Außenanlage stellen "Märchenfiguren“ da, die meiner Phantasie freien Lauf lassen. Wir hatten sie als solche nicht erkannt. Man kann sie anfassen, Bronze, glatt poliert, darauf herumklettern, fotografieren oder vielleicht die Details bewundern. Das „Kleine Schwache“ hat Kraft und hilft dem „Großen Starken“, wie bei „Gulliver“, das scheint das Thema zu sein. Die Märchenfiguren sind das Werk des amerikanischen Bildhauers „Tom Otterness“. Für die Öffentlichkeit präsentiert das Museum auf der Außenterrasse eine "Dauerausstel-lung“ – ein Anziehungspunkt für „Groß und Klein“.
Am 19. Juni legen wir im schönen "Delft" einen Zwischenstopp ein. Termine – Termine, Aufenthalt und Rundgang verschieben wir auf einen späteren Zeitpunkt. Das gesamten Outfit der Stadt wird durch das „Delfter Porzellan“ geprägt.
Immer Donnerstags gibt es einen großen Markt, ein alter Brauch seit Jahrhunderten. Alles kann man hier kaufen. Ich verliere mich an dem Stand für „Nähutensilien“ und der Stoffstand bekommt 5 Sterne. Unsere Lola wird 5 Jahre alt und wünscht sich einen Tellerrock, Omi Citas Nähkünste sind gefragt.
Wie ihr schon wisst, essen wir gerne etwas Gutes. Hier gibt es den besten „Kibbeling“, panierte Kabeljaufiletchen mit selbstgemachter Remouladensoße. Wir sitzen auf dem Absatz der „Hugo Grotius“ Statue", essen unseren Fisch und Jürgen, mit seinem holländischen Sprachschatz, sorgt für die Unterhaltung. Wer war Hugo Grotius?
Das Wunderkind von Delft - „Hugo Grotius“ – 16./17. Jh. - Er war ein prominenter Bürger der Stadt Delft (neben dem Maler Johannes Vermeer). Schon mit elf Jahren studierte er das Recht in Leiden, bekam mit fünfzehn in Orleans/Frankreich den Ehrendoktortitel und arbeitete schon mit 16 Jahren als Anwalt. Für seine Thesen, dass der Staat auch geistige sowie kirchliche Themen entscheiden sollte, bekam er lebenslange Haft. In seiner Isolation durfte er weiterhin lesen, schreiben und sich neue, für ihn wichtige Bücher liefern lassen. Was für ein Glück. Seine Frau organisierte seine Flucht in einer Bücherkiste, in Begleitung von Frau und Kindern. Diese spektakuläre Flucht ging in die Geschichte ein. ".......und so entkam Grotius getarnt als Stapel theologischer Bücher“ (Wikipedia). Angeblich besitzt das Rijksmuseum in Amsterdam die Flucht-Bücherkiste – Hugo Grotius, eine faszinierende Persönlichkeit, Theologe, Rechtsgelehrter und Aufklärer.