Leba - Wladyslawowo – Danzig – Hel (Polen)

Jürgens Kaffee mit der Bodum Kaffeemaschine ist die morgendliche Krönung, dazu ein Obst-Joghurt-Tomaten-Käse Frühstück und frisch gepflückte Gänseblümchen auf dem Tisch.

 

Um 7.45 Uhr heißt es, Leinen los, wir segeln von Leba nach Wladyslawowo. Bei herrlichen NW- Brise kommen wir schnell auf Kurs, 43 sm liegen vor uns. Nach kurzer Zeit schläft der Wind ein und wir müssen kreuzen. Es heißt immer, Fahrtensegler kreuzen nicht, aber das ist Seemannsgarn. Am späten Nachmittag erreichen wir unser Ziel. Wladyslawowo ist der größte Fischereihafen Polens, viel Industrie.

 

Nach dem anstrengend-schönen Segeltag haben wir keine Lust mehr, an Land zu gehen oder Log/Tagebuch zu schreiben. Wir inspizieren unsere Vorräte, Spagetti mit Pesto, sprich schnelle Küche dazu frische Gurke mit unserer köstlichen Vinaigrette. 

Am nächsten Morgen stehen wir um 5.30 Uhr unter der Dusche, kaltes Wasser zum wach werden. Wir sind fit, um 13.00 Uhr müssen wir mit dem Heck aus dem Schiessgebiet sein, dann wird wieder scharf geschossen. Die viel umschwärmte Stadt Danzig ist unser Ziel, 41 sm.

Bei Hel, eine vorgelagerte Insel von Danzig, die wie eine Zunge in die Bucht greift, müssen wir das letzte Schiessgebiet passiert haben.  Kaum Wind, wir fahren unter Motor und verlassen gerade so um 12.50 die Gefahrenzone. Nachmittags laufen wir zwischen den grünen und roten Tonnen ins Fahrwasser Danzig ein, die Westernplatte liegt backbord. Hier hat Jürgen die Nationalflagge „gedippt“, kurz niedergeholt, als Erinnerung an den deutschen Angriff auf Polen im 2. Weltkrieg, ein Seemannsbrauch.

 

Diese langen Schläge, 8-12 Std., sind für mich Lektionen der Geduld. Entlang der polnischen Küste gibt es keine kurzen Tagestouren und die Häfen können nur bei richtigem Wind angelaufen werden, eine Herausforderung.

Noch 4 sm durch den Idustriehafen bis zum Stadthafen. Die Marina ist dreifach belegt, Segler von überall her, oje. Der Hafenmeister weist uns einen Platz an der Stadtpier zu, gegenüber vom Krantor.

Er ist der größte, mittelalterliche Hafenkran Europas, das markanteste Denkmal von Danzig. Ein Zeugnis der Macht, die die Hansestadt Danzig mal auszeichnete.

Erstmal ankommen, Leinen fest und durchatmen. Wir sind fasziniert von der Kulisse Danzig, die sich im Wasser des Kanals spiegelt. Für den Landgang müssen wir eine  senkrechte Eisenleiter rauf klettern und stehen mitten unter fröhlich feiernden Menschen. Aus allen Richtungen hören wir Musik,  Akkordeon, Geige, Gitarre, Klarinette und sogar ein Xylophon ist vertreten. Wie es scheint, keine Musik aus der Konserve.

Hilfe oder Hurra, wir befinden uns mitten im sommerlichen Treiben polnischer Touristen, mitten im Danziger Stadtfest.

Ein erstes Eintauchen in dieses Spektakel macht Stimmung. Mit ihrer Musik beleben die Studenten der Musikhochschule die Danziger Plätze und Straßen, alles vom Feinsten, Danzig swingt.

Düfte der polnischen Promenadenküche steigen uns in die Nase, Hunger! Die polnischen Gerichte und die leckeren Salat-/Gemüsebeilagen sind jetzt genau das Richtige. Hier werden keine Kalorien gezählt oder Fette bestimmt. ALLES vom Schwein oder Rind wird gegessen und gerne mit viel Fett, und keiner verschmäht das gute polnische Bier.

Am nächsten Tag starten wir mit großer Freude den ersten Stadtrundgang. Diese Beschwingtheit ist wieder überall zu spüren und das Barfußwetter setzt dem Ganzen noch ein Häubchen auf.

Wir besteigen den Rathausturm, 200 Stufen. Haben einen tollen Blick auf die Marienkirche und bestaunen das Ensemble der Danziger Altstadt: Jahrhunderte alte Bürgerhäuser, deren repräsentative Fassaden den „Königsweg“ zur Prunkstraße werden lassen, imposante Kirchen, Stadttore und gewaltige Speicherhäuser. Das „Goldene Tor“ ist der Anfang der Promenade. Hier zogen Könige mit Ihrem Gefolge in Danzig ein und ließen sich umjubeln. Ob das Hohe –  Goldene – oder Grüne Tor,  jedes für sich bedarf einer eigenen Führung, um Originalität und Schönheit dieser Gebäude kennen zu lernen.

Die Marienkirche gehört zu den schönsten gotischen Gotteshäusern Europas, das aus Ziegeln errichtet wurde. 50 Jahre wurde an ihr gebaut. Das Mittelschiff ist so hoch, das mir kein komplexes Bild gelungen ist.

 

Wieviele Menschen haben in der Marienkriche Platz, wer weiß es?

 

Wir schlendern die Marienstraße hoch, die von der Marienkirche zum Frauentor führt. Der romantische Charme dieser Straße hat Künstler inspiriert. Kleine Galerien und schöne Cafes bereichern das Stadtbild und überall begleitet uns Live-Musik.  Die Treppenaufgänge

schmücken  Wasserspeier auch Gargoyle genannt, das heißt, gurgeln. Kreaturen aus Stein, die als Abschlüsse der Ablaufrinnen dienen.

Die Menschen fotografieren sich gegenseitig vor den schönen Schiffen, stellen ein Fuß auf fremde Segelschiffe, alles meins! 

Wir hatten uns zu wenig Zeit für Danzig genommen, schade, drei Tage reichen nicht aus, aber….. Riga ruft. Am 23. Juli kommt die Familie mit unseren beiden Enkelkindern an Bord, große Freude.

140 sm liegen noch vor uns. Mal sehen, was Wind und Wetter noch mit uns vorhaben,

 

Als Zwischenstopp Richtung Liepaja steuern wir bei falschem Wetter Hel an. Eine Insel, die gabelförmig in die Danziger Bucht greift. Wir kommen aus dem Einfahrtskanal/Danzig in das offene Wasser, und plötzlich ist es fast windstill. Unter Motor fahren wir weiter. So wechselhaft ist das Wetter. Die Halbinsel Hel ist als ruhiger Hafen bekannt, windgeschützt, aber das stimmt nicht.

Für die nächsten 3 Tage sind Stürme,  raue  See und 3 m hohe Wellen angekündigt. Und es kommt noch viel härter. In  der Nacht erleben wir einen Sturm  und…… eine sehr bewegte Nacht. Unser Schiff (alle Schiffe) ist auf einem Höllenritt, nach steuerbord/backbord ächzt das Schiff und der Bug macht Sprünge und klatscht dann wieder ins  Wasser. Die Leinen in den Klampen stöhnen, unglaublich. Das ist der „windgeschützte“ Hafen von Hel. Jürgen ist nachts raus und hat zusätzliche Sturmleinen gelegt. Aber er war nicht allein. Auf den Nachbarschiffen waren Segler ebenfalls in Aktion. Ein Schmunzeln um die Lippen und verständnisvolle Blicke wurden gewechselt, so sind se`.

Hier entsteht Seemannsgarn, wo die Skipper todesmutig und in letzter Sekunde, unter Einsatz ihres Lebens, dem Sturm die Schiffe entrissen haben.

 

Das Nachbarschiff, eine wunderschöne, 15 m lange Hanse, kam tags zuvor aus Gotland/Schweden, 170 sm bei Windstärke 7-9 Bft. Nach 30 Stunden scharfen segelns wirkten sie leicht paralysiert.     

Am nächsten Tag, Regen starke Winde, eine Balanceakt, an Bord zu kommen. Wir waren abends im „Kutter“, ein bekanntes Fischrestaurant. Urgemütlich, mit lauter schönen Polinnen im Service. Das gesamte Ambiente war zum Wohlfühlen und Sturm und Regen waren weit weg. Jeden Abend Livemusik, heute stand Jazz auf dem Programm, alles sehr vergnüglich.

 

Eigentlich erzähle ich Folgendes nur, um Euch zu berichten, wie man bei diesem Sturm den sicheren Hafen erreicht, also an Bord kommt.  Wir lagen an Schwimmstegen. Ihr wisst, was das heißt? Im Einklang mit dem Wasser machen diese schmalen Leichtbauteile jede Bewegung des Wassers mit. Mit der Gewissheit - am sichersten ist es an Bord - bin ich auf allen Vieren den Steg entlang, während Jürgen eher tänzelnd den Steg schaffte und mir auch noch die Hand reichte. Ab in die Koje, Ohrstöpsel rein und dann sind wir in den Schlaf geschaukelt worden. In Fortsetzung haben wir 2 weitere, sehr bewegte Nächte auf der Amanita verbracht. 

In der Marienkirche ist für 25.000 tausend Menschen Platz.

Unsere geschilderten Eindrücke in den Reiseberichten sind subjektiv geprägt, schildern Erlebnisse, wie wir  sie wahr genommen haben, vermitteln, was wir denken und empfinden. Auch Land und Leute möchten wir kennen lernen. Die Erinnerungen bekommen so mehr Lebendigkeit.

Mein kleines Büchlein und der Schreiberling sind meine ständigen Begleiter. Den Bereich Bilderanhang bearbeitet Jürgen. Verkleinern, beschriften, nummerieren und meine Bilderwünsche erfüllen. Wir sind ein gutes Team.